Gottorfer Globus
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Autor
AMALIENBURG


Der Gottorfer Globus im großen Saal des Lusthauses

 

EIN BESUCH IM GLOBUSHAUS

Man betrat das Globushaus durch den portalgeschmückten Haupteingang unter dem Treppenturm im Norden. Von dort kam man durch einen kurzen Flur in den Globussaal, dessen Grundfläche fast das ganze Geschoß einnahm. Der Saal hatte zahlreiche Fenster und war ganz in weiß gehalten, damit der Globus in vollem Licht erschien. Unter den grün gemalten Fenstern saßen Bleitafeln, die nach Art holländischer Wandfliesen bemalt waren. Die Saaldecke war stuckiert. Der Globus selbst stand in einem breiten, begehbaren, zwölfseitigen hölzernen Horizontring, der wechselweise von geschnitzten Hermenpfeilern und korinthischen Säulen getragen wurde. Auf seiner Außenseite war die damals bekannte Welt - Europa, Afrika, Amerika und Asien - "...so fein alß in den gedruckten Land Charten" eingezeichnet, mit farbig umrissenen Ländergrenzen und von "allerhand Thieren nach Landes Art" sowie "Flotten von Schiffen [...] Meerwundern und Seefischen" bevölkert.

Durch eine kleine Luke konnte man in den Globus hineinklettern und um einen runden Tisch in der Mitte platznehmen. Hier sah man den Sternenhimmel - die Sterne wurden durch über 1000 strahlenförmige messingvergoldete Nagelköpfe dargestellt, während die Sternbilder farbig-figürlich auf den blauen Himmelshintergrund gemalt waren. Darüberhinaus barg der Globus noch besondere Mechanismen, um die jährliche Bewegung der Sonne darzustellen und eine 'Weltzeituhr' anzutreiben, die anzeigte, auf welchen Orten der Erde gerade Mittag bzw. Mitternacht herrschte. Der Globus ließ sich wahlweise durch einen Wasserantrieb im Keller in Bewegung setzen - damit er "nach des Himmels Lauff seine Bewegung und Umbgang in den behörlichen 24 Stunden haben [...]" konnte - oder aber durch einen Handantrieb von seinem Inneren aus, um die ansonsten unmerklich langsame Rotation zu beschleunigen. In seiner Art war der Gottorfer Globus das erste begehbare Planetarium der Geschichte. Gleichzeitig bildete er ein großes Modell des alten, geozentrischen Weltbildes nach Ptolemäus. War der Globus außer Betrieb, so wurde die Luke durch einen Deckel mit dem aufgemalten Gottorfer Wappen verschlossen und über die Kugel ein schweres grünes Wolltuch gezogen. Auf den Türen im Globussaal befanden sich die Porträts von Nicolaus Copernicus und Tycho Brahe – eine Reminiszenz an die astronomischen Koryphäen der Zeit.

Duch eine dieser Türen gelangte man in einen kleinen Nebenraum an der Nordostseite. Hier stieg man eine schmale, steile Treppe hoch und fand sich oben im Turm wieder. In dem Turm stand eine geschnitzte Spindeltreppe, die in das Obergeschoß und weiter auf das Dach führte.

Während das Hauptgeschoß mit dem Globus den gelehrten Diskussionen eines größeren Besucherkreises offenstand, besaß das Obergeschoß mit seinen Schlafkammern und dem Festsaal mehr privaten Charakter. Die Schlafgemächer waren mit grünem Laubwerkdekor ausgemalt, der Festsaal war rot gehalten. Die Stuckdecken der Räume waren z. T. bemalt und vergoldet. Fenstertüren führten auf die begehbaren Flachdächer der Anbauten hinaus. Die große Dachterrasse, die einen prachtvollen Blick auf die Gartenanlagen bot, lud zu Tafeleien unter freiem Himmel ein.

Das Mobiliar des Globushauses bestand in der Hauptsache aus Gemälden, insbesondere zierten zahlreiche Bilder mit unterschiedlicher Thematik die Wände des Globussaales. Im Festsaal darüber befanden sich neben Gemälden auch ein langer Tisch und 16 dazugehörige Stühle. Das Schlafgemach des Herzogs war mit einem großen Himmelbett ausgestattet, während die Kammerdiener nebenan in Alkoven schliefen.

Die beiden Kellergeschosse waren nur von außen zugänglich. Im oberen Keller stand eine große, offene Herdstelle. Schließlich war das Globushaus gleichzeitig als Lusthaus gedacht, in dem man auch die Tafelfreuden nicht missen wollte. Im unteren Keller befand sich die Wassermühle, die dem Globus seinen kontinuierlichen Antrieb verleihen sollte. Die Kraftübertragung durch zwei Geschosse hindurch lief über schwere messingne Schnecken-Reduziergetriebe und lange eiserne Wellen.

[Zeichnung: Verfasser]